Magda Hollander-Lafon, Überlebende der KZ-Außenstelle Walldorf, ist am Sonntag, den 26. November 2023,
“von uns gegangen ist, so wie sie es sich gewünscht hatte: schmerzfrei, friedlich, mit Musik von J. S. Bach und umgeben von ihren Kindern und deren Ehepartnern.”
So schrieb ihre Enkelin Barbara Dupré.
Magda Hollander-Lafon starb im Alter von 96 Jahren; als Todesursache werden Bluthochdruck, Atemnot und schließlich ein Herzinfarkt genannt.
Magda lebte seit vielen Jahrzehnten in der Bretagne, in Rennes, war Autorin verschiedener Bücher und eine außergewöhnlich eindrucksvolle Zeitzeugin für zahlreiche Schulklassen und Erwachsenengruppen.
Mehrfach war sie in Mörfelden-Walldorf zu Gast; ebenso trafen wir sie mit Jugendgruppen bei Seminaren in Paris sowie in der Partnerstadt Vitrolles. Das Gespräch mit der Jugend lag ihr besonders am Herzen. Uns Deutschen begegnete sie ohne einen Anflug von Hass oder Groll. So formulierte sie im Walldorfer Rathaus bei der Gründung der Margit-Horváth-Stiftung am 11. Juli 2004:
“Heute fühle ich mich nicht als Opfer, sondern als Zeugin der Shoah. Fühlte ich mich als Opfer der Shoah, wäre mein Anrecht aufs Leben wichtiger als mein Leben. …
Die Gefahr läge darin, die kommende Generation in einem ausschließlich schmerzhaften Gedanken gefangen zu halten.”
Magda (geb. 15. Juni 1927) stammt aus dem ostungarischen Dorf Zahony; sie wurde in eine säkulare jüdische Familie geboren und erinnert sich vage daran, dass ihr Vater in einer Organisation des jüdischen Arbeiterbundes tätig war.
Im Frühjahr 1944 musste sie — nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht — mit ihren Eltern in das Ghetto im nahegelegenen Nyiregházá; dort verstarb ihr Vater. Zusammen mit der Mutter und ihrer kleinen Schwester Irén wurde sie im Mai nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Von beiden wurde sie bereits auf der Ankunftsrampe getrennt; Mutter und Schwester wurden direkt in die Gaskammer geschickt und ermordet.
So war Magda als knapp 17-jähriges junges Mädchen ohne eine Angehörige im Lager; sie musste dort z.T. die Asche von Ermordeten in einem See versenken.
Im August 1944 wurde sie zusammen mit 1.699 anderen Mädchen und jungen Frauen dem Transport nach Walldorf zugeteilt. Sie erzählte von der schweren Arbeit hier beim Bau der Rollbahnen und erinnerte sich aber auch noch lebhaft daran, dass sie in der Lagerküche unter größtem Risiko mehrfach Brot stahl und dies mit einzelnen guten Freundinnen teilte. …
Im April 1945 wurde sie in Bischofferode befreit, ging zunächst nach Belgien, trat zur katholischen Kirche über und heiratete in den 1950er Jahren nach Frankreich. Magda hat vier Kinder, zahlreiche Enkel*innen und Urenkel.
Der christlich-jüdische Dialog war ihr ein Herzensanliegen; ebenso die Friedensarbeit für die sie in Rennes die “Association pour la paix” gründete. Sie war Katholikin und fühlte sich als Jüdin.
Durch die Recherche ihrer Tochter Anne Anfang der 2000er Jahre und eine Recherche, die wir 1999 in Nyiregházá durchgeführt hatten, lernten wir Magda kennen und luden sie zur Gründung der Margit-Horváth-Stiftung im Juli 2004 ein. Seither gibt es kontinuierlich einen regen und engen persönlichen Kontakt und Austausch zwischen uns.
Die Nachricht von ihrem Tod hat uns nach den vielen Jahren der Freundschaft und der Zusammenarbeit tief erschüttert, auch wenn wir schon lange um ihre Krankheiten wussten.
Wir sind glücklich, dass sie so ruhig und innerlich gelöst entschlafen konnte. Für uns uns aber geht eine Ära zu Ende. Wir haben viel von ihr gelernt: Der Blick, der stets nach vorne gerichtet sein muss, die Arbeit an sich selbst, die Transformation des Leides in eigene positive Lebensenergie.
In tiefer Trauer um einen ganz außergewöhnlichen Menschen.
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Eine Auswahl der bekanntesten Bücher von Magda Hollander-Lafon:
“Demain aux creux de nos mains”, 2021
“Vier Stückchen Brot”, 2013 - franz. Originalversion 2012
“Soufle sur la braise”, 1993
“Les chemins du temps”, 1977