Stif­tungs­grün­dung

Die Margit-Horváth-Stiftung wurde Sonn­tag, den 11. Juli 2004 im Wall­dor­fer Rat­haus gegrün­det. Ein Gruß­wort spra­chen an die­sem Tage u.a.

grundung01MKerteszMagda Ker­tész in Ver­tre­tung ihres lei­der erkrank­ten Ehe­man­nes, Lite­ra­tur­no­bel­preis­trä­ger Imre Ker­tész. Sie trägt den Text vor, den er anläss­lich der Grün­dung der Margit-Horváth-Stiftung schrieb:

„Die Frage, die wir heute, nach sech­zig Jah­ren stel­len müs­sen, heißt: Kann der Holo­caust Werte schaf­fen? Eine lebens­fä­hige Gesell­schaft muss ihr Wis­sen, ihr Bewusst­sein von sich selbst und von den eige­nen Bedin­gun­gen wach hal­ten und stän­dig erneu­ern… Der Holo­caust ist ein Trauma der euro­päi­schen Zivi­li­sa­tion, und es wird zu einer Exis­tenz­frage für diese Zivi­li­sa­tion wer­den, ob die­ses Trauma in Form von Kul­tur oder Neu­rose, in kon­struk­ti­ver oder destruk­ti­ver Form in den Gesell­schaf­ten Euro­pas weiterlebt…”

 

grundung02ALustigerProf. Dr. Arno Lus­ti­ger formulierte:

„Immer wenn ich hier­her komme und mich mit dem KZ Wall­dorf beschäf­tige, gibt es in mei­nem Kopf und in mei­nem Her­zen einen Sturm der Gefühle, der Empa­thie und der Refle­xio­nen, die schwer aus­zu­drü­cken sind. Hier rin­gen die Gedan­ken des Ausch­witz­häft­lings, des His­to­ri­kers, des Über­le­ben­den und des in Deutsch­land leben­den Juden um die Deu­tungs­ho­heit des tra­gi­schen Gesche­hens. Kann ich mich als His­to­ri­ker neu­tral ver­hal­ten?…” Prof. Dr. Arno Lus­ti­ger zitierte u.a. Lili Schrei­ber, eine der Über­le­ben­den der KZ Wall­dorf: „Wir tra­gen in uns eine nar­bige Seele und eine Bit­ter­keit, die nie­mals ver­schwin­den wird. Aber heute ist es mein ein­zi­ger Wunsch, dass alle Men­schen Tole­ranz zei­gen und Respekt vor­ein­an­der.“ Ich bin sehr froh und stolz, dass ich heute hier an der Grün­dung der Margit-Horvath-Stiftung teil­neh­men darf.” (Prof. Dr. A. Lus­ti­ger ist Mit­glied des Kura­to­ri­ums der Margit-Horváth-Stiftung)

 

grundung05Magda

Magda Hollander-Lafon Einige der Über­le­ben­den der KZ Außen­stelle Wall­dorf sind an die­sem Tage mit ihren Fami­lien anwe­send. In ihrem Namen spricht Magda Hollander-Lafon zum Thema: „Das Geden­ken und seine Vermittlung.”

„… Geden­ken ist ein Weg der Inner­lich­keit, der sich in drei Stu­fen vollzieht:

auf­ar­bei­ten

offen­ba­ren

läu­tern.…

Ich hatte das Gefühl, dass mein Geden­ken noch lange danach von den Nazi-Henkern beherrscht wurde und dass es erst dadurch befreit wer­den konnte, dass ich an mir selbst arbei­tete, die Wun­den wahr­nahm und nach­voll­zog, die ich am eige­nen Leib ver­spürt hatte… Ver­mitt­lung bedeu­tet für mich ein Auf­ruf zum Leben, d.h. die Auf­for­de­rung an jeden, in sich fol­gen­des zu erkennen:

seine Gleich­gül­tig­keit

seine Wun­den

seine Demü­ti­gung

seine Ten­denz zur Gewalt

sei­nen Hass

seine Schuld, um in sich seine Lebens­kraft wiederzufinden.

Erst durch die Wahr­neh­mung die­ser Tat­sa­chen in uns und nicht durch ihre Ver­leug­nung wird es uns gelin­gen, den Frie­den zu fin­den und den Frie­den zu stif­ten. Dazu ruft uns diese Reise auf…”

 

Die zweite Generation

grundung03Bronze

Die Toch­ter einer der Über­le­ben­den der KZ Außen­stelle Wall­dorf, Agnes Sar­kadi, über­sandte uns zur Stif­tungs­grün­dung diese Bron­ze­plas­tik aus Buda­pest. Dazu schrieb sie u.a.:

„Was im Krieg gesche­hen ist, hat die Men­schen gelähmt. Jahr­zehn­te­lang konn­ten sie sich nicht äußern. Noch schwie­ri­ger war es, ein­an­der anzu­spre­chen und die Hände zu rei­chen. Doch ihr habt es getan. Dazu habt ihr viel Kraft und Mut gebraucht. Wir freuen uns sehr, weil wir jah­re­lang gehofft haben, dass es ein ande­res Deutsch­land gibt… Das wird jetzt von euch ver­wirk­licht und lässt sich hören. Das bedeu­tet für uns, dass wir nicht mehr allein vor die­ser schreck­li­chen Ver­gan­gen­heit ste­hen, son­dern mit euch zusam­men; das bedeu­tet für uns eine ganz neue Welt. Zusam­men geben wir uns eine rie­sige Kraft…”

 

 

Die dritte Generation

grundung04BJenny

Jen­ni­ger Huf­na­gel Im Namen heu­ti­ger Ober­stu­fen­schü­le­rin­nen der Bertha-von-Suttner-Schule, Mörfelden-Walldorf, spricht Jen­ni­fer Huf­na­gel zu den Überlebenden:

„…Wir emp­fin­den es nicht als selbst­ver­ständ­lich, dass Sie uns besu­chen, da die Kon­fron­ta­tion mit Ihrer Ver­gan­gen­heit bestimmt sehr auf­wüh­lend, emo­tio­nal und erschüt­ternd sein wird. Uns bedeu­tet es viel, dass Sie uns Deut­sche nicht ver­ur­tei­len und uns nicht mit den Nazis ver­glei­chen. Wir schä­men uns für unsere Vor­fah­ren der­ar­tig, dass es uns ver­letzt, dass unser Land Men­schen mit einem ande­ren Glau­ben so ver­ur­teil­ten und ernied­rig­ten. Wir freuen uns über Ihr Kom­men und emp­fin­den tie­fes Mit­ge­fühl. Es ist unsere Vergangenheit.”

Wei­te­ren Zustif­tern wer­den offi­zi­elle Urkun­den überreicht:

 

„Klezmers Techter" spielten während der Gründungsveranstaltung.
„Klez­mers Tech­ter” spiel­ten wäh­rend der Gründungsveranstaltung.
Vera Dotan, Bürgermeister Brehl, Magda Kertesz, Trude Simonsohn und Dr. Karl Brozik sel.A. (v.l.n.r.)
Vera Dotan, Bür­ger­meis­ter Brehl, Magda Ker­tesz, Trude Simon­sohn und Dr. Karl Bro­zik sel.A. (v.l.n.r.)
Blick ins Publikum während der Veranstaltung, im Vordergrung Pfarrer U. Dusse a.D.
Blick ins Publi­kum wäh­rend der Ver­an­stal­tung, im Vor­der­grung Pfar­rer U. Dusse a.D.
Gábor Goldman, Sohn von Margit Horváth, während seiner Ansprache.
Gábor Gold­man, Sohn von Mar­git Hor­váth, wäh­rend sei­ner Ansprache.
Vera Dotan (r.), Überlebende der KZ Außenstelle Walldorf, mit Ehemann Miki Dotan (l.).
Vera Dotan (r.), Über­le­bende der KZ Außen­stelle Wall­dorf, mit Ehe­mann Miki Dotan (l.).
Magda Temesi (Mitte), Überlebende der KZ Außenstelle Walldorf, im Gespräch mit der Tochter einer ehemals in Walldorf Inhaftierten. Links im Bild ist Endre Görög, auch seine Frau war 1944 in Walldorf inhaftiert.
Magda Temesi (Mitte), Über­le­bende der KZ Außen­stelle Wall­dorf, im Gespräch mit der Toch­ter einer ehe­mals in Wall­dorf Inhaf­tier­ten. Links im Bild ist Endre Görög, auch seine Frau war 1944 in Wall­dorf inhaftiert.
Gábor Goldman (l.) und Bernhard Brehl (r.) während der Unterzeichnung.
Gábor Gold­man (l.) und Bern­hard Brehl (r.) wäh­rend der Unterzeichnung.