Seit Mitte des 15. Jahrhunderts sind in Europa mindestens 40.000 Menschen, zu achtzig Prozent Frauen, der vermeintlichen Hexerei verdächtigt, vor weltlichen Gerichten angeklagt, durch Folter zu Geständnissen gebracht und nach Todesurteilen verbrannt, geköpft oder ertränkt worden. Es waren die Zeiten der Pest, von Kriegen oder auch des Klimawandels (kleine Eiszeit). Die verregneten Sommer führten zu Ernteausfall und so zu allgemeinem Elend. Als Ursache vermutete man Zauberei, durch die die Gesundheit von Mensch und Tier geschädigt und auch das Wetter beeinflusst worden sei.
Verdächtigt mit dem Teufel im Bunde zu stehen, wurden Menschen bei der Obrigkeit angezeigt — vor allem von Nachbarn, von der Familie oder auch von der „ganzen Gemeinde“. Kirchliche Gremien suchten nach dem Vorkommen von Gotteslästerungen, falschen Segenssprüchen oder Glockengeläut gegen Unwetter; das galt als Aberglaube.
Gbiorczyk wird ausführlich aus Verhörprotokollen und Prozessakten der Gerichte zitieren. Er gibt dabei aber auch tiefere Einblicke in einzelne Schicksale. Er beschreibt die Praxis der weltlichen Obrigkeit und der Kirche, die beide an Verführungen durch den Teufel und an die Notwendigkeit der Todesstrafe für vermeintliche Verursacher des Unglücks glaubten.
Rezension des Buches “Zauberglaube und Hexenprozesse in der Grafschaft Hanau-Münzenberg im 16. und 17. Jahrhundert” von Peter Gbiorczyk in der FAZ vom 15. November 2021