Das Ende der Hongkonger Freiheitshoffnung
Hongkong war lange der einzige Ort in der Volksrepublik China, an dem Meinungsfreiheit existierte. Die Bürger*innen der Sonderverwaltungszone machten von ihren Rechten Gebrauch und protestierten für Demokratie und den Erhalt der Rechtsstaatlichkeit. Darauf reagierte Peking mit extremen Mitteln: Das neue „Nationale Sicherheitsgesetz“ machte die Bevölkerung dieser bislang so vitalen Stadt mundtot. Heute herrscht öffentliches Schweigen in Hongkong.
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Meinungsfreiheit wird im Allgemeinen als Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie angesehen. Der chinesische Politiker Xia Baolong sieht dies aber offenbar ganz anders. Abweichende Meinungen, so erläuterte er während einer Rede vor dem Hongkonger Parlament im April 2023, seien kein Merkmal einer qualitätvollen Demokratie. Der Legislativrat tagte an jenem Tag nicht öffentlich. Dabei sind die Worte Xias von enormem öffentlichen Interesse, denn der Mann hat großen Einfluss: Xia ist seit Februar 2020 Direktor des Hongkong-Macao Affairs Office, einem wichtigen Entscheidungsgremium des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas.
Die gesamte Szenerie von Xias Auftritt hinter verschlossenen Türen steht in einem frappierenden Kontrast zu dem, was knapp vier Jahre zuvor an gleicher Stelle geschah. Am 1. Juli 2019 besetzten Protestierende den Legislativrat für einige Stunden, gelangten bis zum Plenarsaal und errichteten hinter dem Rednerpult ein Banner mit der Aufschrift „Es gibt keinen Mob nur Tyrannei!“
Diese Besetzung war Teil einer großen Protestwelle. Ein Gesetzentwurf sah vor, dass Angeklagte in Hongkong auch nach Festland-China hätten ausgeliefert werden können, obwohl dort in Ermangelung eines funktionierenden Rechtsstaats keine fairen Prozesse gewährleistet sind. Demgegenüber verfügt(e) Hongkong, das seit 1997 als Sonderverwaltungszone Teil der Volksrepublik China ist, über eine unabhängige Justiz. Über Monate hinweg demonstrierten Hundertausende gegen das Gesetz. Auf dem Höhepunkt versammelten sich etwa zwei Millionen, fast ein Drittel der Hongkonger Bevölkerung, zu einem Protestmarsch am 16. Juni 2019. Im Laufe der Zeit weiteten sich deren Forderungen aus. Die Menschen verlangten neben der Rücknahme des Auslieferungsgesetzes die Freilassung von mehr als 10.000 verhafteten Protestierenden, die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung der Polizeigewalt, den Rücktritt der damaligen Regierungschefin Carrie Lam, gefolgt von freien Wahlen. Außerdem forderten sie, dass Demonstrationen nicht länger von offizieller Seite als „Randale“ verunglimpft werden.
Das Ende der Protestbewegungen
Die Hongkonger Demonstrationen von 2019 waren kein Einzelfall. Über Jahre hinweg hatten sich in Hongkong immer wieder Massenproteste wiederholt. Drei Beispiele: Seitdem die Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking 1989 blutig niedergeschlagen worden sind, erinnerten jährlich zehn-, wenn nicht gar hunderttausende Menschen in Hongkongs Victoria Park an das Massaker — friedlich mit Gesang, Reden und Kerzen. Im Jahr 2012 wandten sich Schüler*innen gegen die Einführung eines nationalistischen Curriculums in den Schulen der Stadt, das die Bindung an Festland-China und die kommunistische Führung stärken sollte.
Zwei Jahre später besetzten mehrere Millionen Hongkonger drei Stadtviertel über drei Monate hinweg und forderten die Demokratisierung der lokalen Wahlen. Auch in diesem Protestzyklus, der als „Regenschirmbewegung“ bekannt wurde, spielten vor allem junge Leute die tragende Rolle.
Solche Proteste musste Xia Baolong, der Abgesandte Pekings, in den Apriltagen 2023 nicht fürchten. Proteste sind in der Stadt unmöglich geworden. Was ist in der Zwischenzeit geschehen?
Im Sommer 2020 verabschiedete der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in Peking ein neues „Nationales Sicherheitsgesetz“ für Hongkong, das anschließend mit einem juristischen Trick Gültigkeit in der Sonderverwaltungszone erlangte. Das Vorgehen der Pekinger Zentralgewalt verstieß sowohl gegen internationales Recht als auch gegen das Grundgesetz, das die chinesischen Machthaber ursprünglich selbst für Hongkong entwickelt hatten. Hongkong, einst britische Kronkolonie und 1997 an China zurückgegeben, ist eine Sonderverwaltungszone, der China „weitgehende Autonomie“ für 50 Jahre bis 2047 einräumte. Unter dem Diktum „Ein Land, zwei Systeme“ versprach China, Hongkongs eigenständiges politisches System mit Gewaltenteilung und funktionierendem Rechtsstaat nicht anzutasten. Auch die kapitalistische Wirtschaftsweise sollte beibehalten werden, einschließlich einer eigenen, frei konvertierbaren Währung. Weitgehende Freiheitsrechte, die im Rest des Landes nicht gegeben sind, würden bis 2047 gewährt bleiben. Dazu zählte auch das Versprechen, dass Chinas Gesetze mit wenigen Ausnahmen in Hongkong keine Gültigkeit hätten. Die Gesetzgebungskompetenz sollte beim Legislativrat verbleiben.
Zwar darf Peking festlandchinesischen Gesetzen auch in Hongkong Gültigkeit verleihen. Doch dies ist nur dann juristisch möglich, wenn das infragestehende Gesetz nicht in der alleinigen Zuständigkeit Hongkongs liegt. Genau dies ist aber beim „Nationalen Sicherheitsgesetz“ der Fall. Artikel 23 des Hongkonger Grundgesetzes sieht explizit vor, dass der Hongkonger Legislativrat ein Gesetz zur Wahrung der nationalen Sicherheit verabschiedet. Zur Einhaltung des von Peking verabschiedeten Grundgesetzes verpflichtet sich die Volksrepublik in einem völkerrechtlichen Vertrag, der Sino-British Joint Declaration von 1984.
Als 2003 der einzige Versuch unternommen wurde, ein solches Gesetz in Hongkong zu verabschieden, scheiterte dies nicht nur am Widerstand der Massenproteste auf Hongkongs Straßen, sondern auch im von pro-chinesischen Eliten dominierten Legislativrat. Noch nicht einmal die Verbündeten Pekings in Hongkong unterstützten damals diesen Plan.
Pekings „Nationales Sicherheitsgesetz“ für Hongkong
Bis heute unterscheiden sich die Lebensbedingungen in Hongkong von denen im Rest des Landes. Beispielsweise verfügt Hongkong weiterhin über ein weitgehend freies Internet, weil die Große Firewall nur im Rest Chinas die Verfügbarkeit von kritischen Internetseiten massiv einschränkt. Doch es mehren sich auch in der Sonderverwaltungszone die Einschränkungen. So ist beispielsweise die Seite von „Hong Kong Watch“ ohne ein VPN (Virtual Private Network) in Hongkong nicht mehr verfügbar. Hong Kong Watch ist eine in Großbritannien gegründete zivilgesellschaftliche Organisation, die sich für fundamentale Werte und Menschenrechte in Hongkong einsetzt.
Das „Nationale Sicherheitsgesetz“ von 2020 beschneidet mittlerweile die Grundfreiheiten Hongkongs, einschließlich der Meinungsfreiheit. Konkret schafft dieses Gesetz vier Straftatbestände: Sezession, Subversion, Terrorismus und Komplizenschaft mit einer ausländischen Organisation. Sezession meint: Jedwede Unterstützung einer Unabhängigkeit Hongkongs, und sei dies auch nur verbal, wird unter Strafe gestellt. Ein zentrales Problem ist, dass das Gesetz sehr vage gefasst ist. Was als „Subversion“ gilt und worin Komplizenschaft mit einer ausländischen Organisation besteht, ist im Gesetz nur in Grundzügen geregelt. Dies öffnet einer willkürlichen Interpretation durch die chinesischen Behörden Tür und Tor.
Da der internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte aber vermittels des „Hong Kong Bill of Rights“ in der Sonderverwaltungszone Wirksamkeit hat, verstoßen die Einschränkungen gegen geltendes Völkerrecht.
Auch die Durchsetzungsmöglichkeiten des „Nationalen Sicherheitsgesetzes“ sind drakonisch. Nicht nur verfügen die bestehenden Behörden über weitreichende Befugnisse zur Überwachung und Verhaftung von Beschuldigten, es wurde zudem auch noch eine Behörde für nationale Sicherheit geschaffen, die explizit über den Hongkonger Gesetzen steht und nicht juristisch belangt werden kann. In Ausnahmefällen, die das Gesetz jedoch wiederum nicht präzise bestimmt, können Beschuldigte nach Festland-China überführt und dort abgeurteilt werden. Auch jene Verfahren, die in Hongkong durchgeführt werden, können vor einem eigens dafür eingerichteten Gericht stattfinden; die dortigen Richter*innen werden jährlich vom Regierungschef der Sonderverwaltungszone ernannt. Diese Ernennung erfolgen durch einen Regierungschef/eine Regierungschefin, die vom politischen Peking kontrolliert wird. Unabhängige Urteilsfindungen sind damit nicht zu erwarten.
Hongkongs Zivilgesellschaft hinter Gittern
Stand März 2023 wurden 207 Personen in Hongkong wegen Verstoßes gegen das „Nationale Sicherheitsgesetz“ verhaftet; 125 von ihnen wurden angeklagt. Die ersten „Verstöße“ gegen das neue Gesetz wurde dabei bereits am ersten Tag nach Inkrafttreten von der Polizei vermeldet. Zehn Verhaftungen erfolgten. Darunter war die fünfzehnjährige Eileen Ho Cheuk-lam, die verhaftet wurde, weil sie ein Banner trug, das zur Unabhängigkeit aufruft. Sie wurde jedoch nicht angeklagt. Andere Personen wurden angeklagt, einige bereits verurteilt. Die ihnen zur Last gelegten Vorwürfe reichen von gravierenden Anschuldigungen wie illegalem Waffenbesitz bis hin zu harmlosem Verhalten, wie der Veröffentlichung von Social-Media-Posts. Im Folgenden werden einzelne Personen vorgestellt. Zwar sind auch der Journalist Jimmy Lai und der Studentenführer Joshua Wong in Verfahren vom „Nationalen Sicherheitsgesetz“ betroffen. Doch ihre Fälle werden bereits umfänglich in der Presse dokumentiert und wurden daher hier ausgespart.
Tong Ying-kit
Tong Ying-kit war 23 Jahre alt, als er am 1. Juli 2020 verhaftet wurde. Er hatte an seinem Motorrad eine Fahne mit der Aufschrift „Liberate Hong Kong, revolution of our times“ befestigt und damit mehrere Checkpoints der Polizei passiert und dabei drei Polizisten leicht verletzt. Er wurde der Sezession und des Terrorismus angeklagt, für schuldig befunden und zu neun Jahren Haft verurteilt. Zunächst kündigte er an, in Revision zu gehen, zog seinen Antrag jedoch aus unbekannten Gründen zurück. Das Hongkonger Justizministerium verlangte im Juli 2022 umgerechnet knapp 160.000 Euro an Gerichtskosten von Tong.
Gwyneth Ho Kwai-lam
Die Journalistin und Aktivistin Gwyneth Ho Kwai-lam wartet noch auf ihr Gerichtsverfahren. Sie ist Teil einer Anklage gegen 47 Personen, denen Subversion vorgeworfen wird, weil sie inoffizielle Vorwahlen zu den Wahlen für den Legislativrat 2020 mitorganisierten. Da in Hongkong das Mehrheitswahlrecht gilt und jeweils nur die Kandidatin oder der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis in das Parlament einzieht, sollten die Vorwahlen konkurrierende pro-demokratische Kandidaturen in den Wahlkreisen ausschließen und damit die Siegchancen der Opposition erhöhen. Was eine normale demokratische Praxis ist, gilt in Hongkong jedoch als Subversion.
Die 32-jährige Gwyneth Ho Kwai-lam hatte sich als mutige und kritische Journalistin einen Namen gemacht, die sich bei Protesten nicht selten an den Frontlinien aufhielt. So berichtete sie auch aus dem Legislativrat, als dieser im Juli 2019 besetzt wurde. Im gleichen Jahr veröffentlichte sie einen Livestream der sogenannten „Attacke von Yuen Long“, als Hongkonger Mafiosi pro-demokratische Protestierende in einer U-Bahn-Station tätlich angriffen. Selbst als Ho selbst angegriffen wurde, filmte sie weiter. Sie ist in Hongkong als „Stand News Sister“ bekannt, da sie für die mittlerweile aufgelöste oppositionelle Online-Zeitung Stand New gearbeitet hatte. Zuvor war sie unter anderem für das chinesische Programm der BBC tätig.
Bei den Wahlen zum Legislativrat wollte Ho antreten und beteiligte sich an den inoffiziellen Vorwahlen, die sie im Bezirk New Territories East für sich entschied. Noch bevor die Wahlen selbst mit Verweis auf die COVID-19-Pandemie verschoben wurden, disqualifizierte die Hongkonger Wahlbehörde Ho. Neben dem oben erwähnten Verfahren wurde sie auch für die Beteiligung an einer verbotenen Mahnwache für das Massaker von Tianamen zu sechs Monaten Haft verurteilt.
Benny Tai Yiu-ting
Im gleichen Verfahren die inoffiziellen Vorwahlen betreffend ist auch der Jurist Benny Tai Yiu-ting angeklagt. Er gilt als Initiator der Vorwahlen. Bereits 2013 gründete er die Initiative Occupy Central with Love and Peace, die für gewaltfreien zivilen Ungehorsam warb, um sich für die im Hongkonger Grundgesetz versprochene Demokratisierung der lokalen Wahlen einzusetzen. In unzähligen basisdemokratischen Workshops diskutierte er politische Ziele, aber auch Praktiken zivilen Ungehorsams. Dass die Hongkonger Proteste über die Jahre hinweg betrachtet recht friedlich blieben, dürfte zu einem nicht unerheblichen Maße sein Verdienst sein. In vielen seiner Reden bezieht sich der 58-jährige Tai auf Martin Luther King.
Tai wurde mehrfach für seinen zivilen Ungehorsam festgenommen und verurteilt und im Juli 2020 von seinem langjährigen Arbeitgeber, der Hong Kong University, mit Verweis auf seine „kriminellen“ Taten entlassen. Doch seine Entlassung war auch in den Führungsgremien der Universität umstritten.
Eddie Chu Hoi-dick
Ein weiterer Angeklagter im gleichen Verfahren ist Eddie Chu Hoi-dick. Der 46-Jährige erlangte lokale Prominenz, als er sich für die Erhaltung von Gebäuden aus Hongkongs kolonialer Vergangenheit einsetzte, darunter der Edinburgh Place Ferry Pier und der Queen’s Pier. Chu lag eine Verherrlichung der kolonialen Vergangenheit stets fern. Ihm ging es darum, dass sich Hongkong seiner eigenen Stadtgeschichte und –identität mit all ihren Brüchen bewusstwerden sollte. Hongkong, so seine Überzeugung, ist durch ihre mehr als einhundertjährige Geschichte als britische Kronkolonie keine normale chinesische Stadt.
Diese Haltung war Peking ein Dorn im Auge, denn sie bemühte sich um eine Integration Hongkongs in China und wollte einer eigenen lokalen Identität entgegenwirken. In Hongkong genoss Chu hingegen großes Ansehen. So wurde er 2016 mit den meisten Stimmen aller Kandidaten der Stadt in den Legislativrat gewählt. Zuvor hatte Chu als Journalist gearbeitet. Da er im Iran ausgebildet wurde, berichtete er auch viel über die Entwicklungen in Teheran.
Darüber hinaus wurde Chu zum bekanntesten Gesicht der Hongkonger Umweltbewegung. So war er maßgeblich an den Protesten gegen den Guangzhou-Shenzhen-Hong Kong Express Rail Link beteiligt und begründete dies nicht zuletzt mit der Zerstörung von Natur und Dörfern in Hongkongs Peripherie.
Lorie Lai Man-ling
Die Sprachtherapeutin Lorie Lai Man-ling ist eine von fünf Inhaftierten, die Cartoon-Hefte veröffentlichten. Die Cartoons stellen politische Bezüge zu den Protesten gegen das Auslieferungsgesetz sowie einen Streik des medizinischen Personals während der COVID-19-Pandemie in Hongkong her. So zeigen die Cartoons Schafe, die vor Wölfen beschützt werden müssen. Die drei Bücher mit den Titeln „Die Wächter des Schafdorfs“, „Die 12 Helden des Schafdorfs“ und „Die Müllsammler des Schafsdorfs“ werfen den Hongkonger Behörden vor, aufrührerische Absichten zu verbreiten. So würden die Bücher die Abneigung der Kinder gegen festlandchinesische Behörden, symbolisch als Wölfe dargestellt, schüren. Lai wurde, wie alle Mitangeklagten, zu 19 Monaten Haft verurteilt.
Edmund Wan Yiu-sing
Edmund Wan Yiu-sing ist in Hongkong durch seine Radioauftritte als DJ Giggs bekannt. Im Februar 2020 entschloss er sich, Geld für Hongkonger Aktivist*innen zu sammeln, die nun aus Furcht vor dem „Nationalen Sicherheitsgesetz“ im Exil in Taiwan leben. Daraufhin wurde er wegen Beihilfe zur Sezession, Volksverhetzung und wegen des Verdachts auf Geldwäsche angeklagt. Er wurde mittlerweile zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnisstrafe verurteilt.
Erst Hongkong, dann Taiwan?
All diese Beispiele zeigen, welche Auswirkungen die Einführung des „Nationalen Sicherheitsgesetzes“ auf das Leben der Menschen in Hongkong hat. Doch die Folgen gehen weit über Hongkong hinaus. Das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ war einst vom damaligen starken Mann Chinas, Deng Xiaoping, nicht für Hongkong, sondern für Taiwan entwickelt worden. Seine Idee war: Indem man der Bevölkerung auf Taiwan weitgehende Autonomie in Aussicht stellte, hoffte Deng zu einem späteren Zeitpunkt auf eine friedliche Vereinigung von Taiwan und Festland-China.
Dieses Versprechen, das in Taiwan stets auf Skepsis stieß, wirkt angesichts der Entwicklungen in Hongkong heute unglaubwürdiger denn je. Chinas Umgang mit Hongkong ist daher mehr als nur dramatisch für die Stadt und seine Zivilgesellschaft: Er macht auch einen Krieg um Taiwan wahrscheinlicher, da die Zustimmung Taiwans zu einer friedlichen Vereinigung kaum denkbar erscheint. Peking wiederum scheint mehr denn je auf eine Vereinigung zu drängen.
Und so arbeitet man in der Kommunistischen Partei Chinas bereits an neuen Konzepten, die das Diktum von „Ein Land, zwei Systeme“ ablösen könnte, um Taiwan eine friedliche Vereinigung doch noch schmackhaft zu machen.
Doch Xia Baolongs Aussagen in Hongkong lassen solche Bemühungen als leere Rhetorik erscheinen. Die freiheitsliebenden Taiwaner*innen, dürften den Wert ihrer Demokratie längst auch daran bemessen, ob sie abweichende Meinungen äußern können. Das Schicksal von Hongkong gilt vielen in Taiwan als ein abschreckendes Horrorszenario.