„Wir mussten in unserer Kindheit nochmals all das durchleben, was unseren Eltern im KZ passiert war…“
„Mein Vater steckte in einer Zeitschleife; es gab für ihn eigentlich nur Auschwitz und Buchenwald…“, erklärt der sechzigjährige Lothar Winter. Der Frankfurter Sinto berichtet eindrucksvoll über seine Kindheit, die durch die Traumatisierungen der Eltern geprägt ist.
Noch viel zu wenig ist heute im öffentlichen Bewusstsein, dass außer den sechs Millionen Juden, die während der NS-Zeit getötet wurden, auch eine halbe Million Sinti und Roma in den Konzentrationslagern ermordet wurden. In den Geschichtsbüchern, die in den Schulen verwendet werden, ist dies leider bis heute oft nur eine Marginalie.
Da es nach dem Zweiten Weltkrieg keine Organisation gab, die sich der traumatisierten Roma-KZ-Überlebenden annahm, blieb es oft an den Kindern hängen, das Leid der Eltern auf ihre Schultern zu nehmen.
Der Vater von Ursula Rose und Maria Strauß war 27 Monate im KZ Sachsenhausen und überlebte als Einziger seiner Familie. Sehr ähnlich war es bei ihrer Mutter; sie war lange Zeit im KZ Ravensbrück inhaftiert.
„Ich hatte Albträume von Dingen, die ich gar nicht selbst erlebt habe…“, erzählt Ursula Rose über ihre Kindheit. Auch Lothar Winter setzt sich heute noch immer wieder mit der Vergangenheit seines Vaters auseinander, der Häftling in Auschwitz war.
Doch den Dreien gelingt es, diese entwürdigenden Erfahrungen dennoch in gewisser Weise positiv zu wenden und eine eigene Energie zu entwickeln, die ihnen heute Kraft gibt, anderen Roma zu helfen und sich für diese einzusetzen.Nach dem Holocaust geht der Kampf der Roma um Anerkennung und Akzeptanz weiter. So dauerte es z.B. zwanzig Jahre bis die Familie von Maria und Ursula in Frankfurt eine Wohnung fand. Bis dahin mussten sie in einer Baracke mit Kohleofen und ohne fließend Wasser leben. „In der deutschen Gesellschaft gab es einfach kein Bewusstsein für das Schicksal der Roma,“ sagt Maria Strauß.