11. Juli 2015: Flohmarkt im Herzen der Stadt
Unsere Überlegung, gerade eine solche Veranstaltung an den Anfang zu setzen, heißt: Die breite Bevölkerung wird angesprochen, der Ort des Flohmarktes liegt im Zentrum der Stadt, die Spendenverdoppelungs-Aktion wird damit zum „Gesprächsthema im Ort“. In der Vorbereitung versuchen wir möglichst viele Mitbürger/innen zum Mitmachen zu animieren und möglichst viele Verkäufer/innen zu finden, die den Erlös aus dem Verkauf aller angebotenen Artikel an die Margit-Horváth-Stiftung spenden. Wir versuchen, damit gerade auch Mitbürger anzusprechen, die sich bislang noch nicht oder nur wenig an Veranstaltungen unserer Stiftung beteiligt haben. Selbstverständlich wird bei dem Flohmarkt kontinuierlich auch über die Ziele der Stiftungsarbeit und die Besonderheit der Spendenverdoppelungsaktion informiert.
13. Juli 2016: Buchvorstellung: “Kriegserbe in der Seele – Was Kindern und Enkeln der Kriegsgeneration wirklich hilft”
Lesung und anschließendes Gespräch mit den Autoren: Udo Baer und Gabriele Frick-Baer
Kriegserlebnisse und die durch sie verursachten Traumata hinterlassen oft über Generationen hinweg Spuren in Familien, ohne dass diese konkret benannt werden können. Dieses Buch zeigt, woran Kriegskinder und Kriegsenkel die Folgen der von den Eltern oder Großeltern »vererbten« Traumata bei sich selbst erkennen. Es bietet konkrete Hilfe an, etwa bei scheinbar unbegründeten Ängsten, nicht zu greifenden Einsamkeitsgefühlen, dem quälenden Gefühl der Liebesunfähigkeit oder übermäßigem Leistungsdruck. Eine Fülle von Übungen helfen, den »Schritt beiseite« aus der Weitergabe von Kriegstraumata zu wagen.
Das Buch (189 S.) ist im Beltz-Verlag erschienen und kostet 16,90.-€. Ein Teil des Erlöses dieser Veranstaltung spenden die Autoren für das Bauprojekt der Marit-Horváth-Stiftung.
Podiumsgespräch mit Gerhard Wiese, Staatsanwalt im ersten Frankfurter Ausschwitz-Prozess
Moderation: Ulrike Holler
Schüler/innen des Heinrich-Merck-Gymnasiums, Darmstadt, haben ebenfalls Fragen vorbereitet.
Vor genau 5o Jahren wurden im ersten Frankfurter Auschwitzprozess 17 Angeklagte verurteilt, weil die Beweise nicht ausreichten, kam es zu zwei Freisprüchen. Gerhard Wiese hatte zusammen mit den Staatsanwälten Kügler und Vogel die Anklageschrift verfasst. Er war mit 35 Jahren der jüngste unter den Juristen und ist heute einer von zwei noch lebenden Zeitzeugen. Ulrike Holler: “Gerhard Wiese ist 1928 in Berlin geboren. Er ist ein deutscher Jurist. Ich sage Er ist ein ganz besonderer Jurist. Denn ab 1962 war er, ausgewählt von Fritz Bauer, an den Vorbereitungen zum ersten Frankfurter Auschwitzprozessen beteiligt. Gemeinsam mit den Staatsanwälten Kügler und Vogel verfasste er die Anklageschrift. Mit 35 Jahren war er damals der jüngste Staatsanwalt im Prozess.“Was wussten Sie damals über die Verbrechen an den Juden? Auf welche Dokumente konnten Sie sich damals stützen? Warum war es so wichtig, dass das Gericht eine Ortsbesichtigung in Auschwitz durchführte? Wie verkrafteten Sie all das?…” Zu Fragen wie diesen wird Gerhard Wiese bei dieser Veranstaltung sprechen.
Seit seiner Pensionierung als Oberstaatsanwalt in Frankfurt hält er Vorträge über diesen wichtigsten Prozess in seinem Leben, der nicht nur ihn, sondern auch die Gesellschaft verändert hat. In dem über drei Jahre dauernden Verfahren wurde deutlich, zu welch unfassbaren Verbrechen an Menschen es in Auschwitz gekommen war. Das Schweigen, Wegschauen und Entschulden der Nachkriegszeit wurde damit durchbrochen. „Aber“ — so Wiese — „mit den Mitteln der Strafjustiz konnten wir dennoch keine Gerechtigkeit herstellen. In München wurde John Demjanuk verurteilt,weil er Teil des NS-Systems war. Diese Rechtsauffassung gab es vor 5o Jahren noch nicht.“ Gerhard Wiese wird u.a. auch darüber sprechen, wie schwierig es im Vergleich zu heute war,Schriftsätze herzustellen, es gab keinen Computer oder Kopierer. Er wird darauf darauf eingehen, wie wichtig die Betreuung der traumatisierten Zeugen war, wie kompliziert damals ein Ortstermin in Auschwitz zu organisieren war und wie die Täter alle Schuld von sich wiesen. Vorbreitend auf diesen Abend haben sich die SchülerInnen des Merck-Gymansiums u.a. auch den neuen, sehr sehenswerten Film (2014) “Im Labyrinth des Schweigens” angesehen.
19. Juli 2016: Spielerisch schauen Kinder auf die Migrationsgeschichte ihrer Familien
Kinderszenen und kulinarische Leckereien
Die Gruppe “Kinder und Kultur” unter der Leitung von Birgit Schüller
In eine Kindertheatergruppe kommt eine neue Interessentin. Es ist ein türkisch-bulgarisches Mädchen, das kein Wort Deutsch spricht. Mit Händen, Mimik, zwei, drei englischen Wörtern und der Hilfe einer kleinen Türkin erfährt die Gruppe aus dem Leben des Mädchens. Schnell wird das Thema „Ich komme eigentlich auch aus einem anderen Land“ aufgegriffen. Die Kinder erzählen, wo ihre Mütter, Väter und Großeltern herkommen. Einen „waschechten“ Mörfelder haben wir für kurze Zeit auch in der Runde, doch dann fällt dem Jungen lachend ein: „Oh, nee, halt, meine Großeltern stammen aus der Tschechoslowakei!“ ….
Die Kinder beschreiben die Vorteile, selbst Vorfahren aus anderen Ländern zu haben, sie nennen den Luxus, mit verschiedenen Sprachen aufzuwachsen – dass die anderen Kinder Erfahrungen mit Verwandten und Besuchen in anderen Ländern haben, wird wie selbstverständlich erzählt.
Davon werden die Kinder der Theatergruppe in Form einer kleinen Szene erzählen. Zudem wird ein 11-jähriges Mädchen aus ihren selbst geschriebenen Erzählungen vorlesen. Ihr Talent besteht darin, ihre täglichen Beobachtungen in einer eigenen lebendigen Sprache und Bildhaftigkeit festzuhalten. Leckereien aus den verschiedenen Herkunftsländern der Familien runden das Ganze kulinarisch ab. Die Durchführung der Veranstaltung findet in Kooperation mit der Lifestyle Werkstatt Mörfelden statt.
13. September: Rudi Hechler: “Mein Lieblingsdichter Bertolt Brecht”
Ein bewusst persönlich gehaltener Überblick über Bertolt Brechts Leben, Werk und Rezeption. „Ich habe nicht alles von ihm gelesen und manches vergessen, aber das Wichtigste behält man sich.“ Mit diesen Worten beginnt Hechler seine voller Sympathie getragenen Ausführungen über den großen B. Brecht Lyriker und Dramatiker (1898–1956).
Hechlers Überblick über Brechts Lebenslauf führte von der Geburt in Augsburg, die Schulzeit, die Teilnahme als Soldat im Ersten Weltkrieg, seiner Übersiedlung nach Berlin, 1933 seine Flucht in die Emigration über Dänemark, Finnland, Schweden, die Sowjetunion und die USA bis hin zu seiner Rückkehr nach Deutschland und dem Neubeginn seiner Tätigkeit in Ostberlin samt zahlreichen Würdigungen, die er nun von der neu gegründeten DDR erhielt. 1953–1956 war er Präsident des dortigen PEN-Zentrums. 1956 starb Brecht an einem Herzinfarkt. Passend zu den einzelnen Stationen seiner Biographie wurden jeweils einige in dieser Zeit entstandene Text gelesen, vereinzelt auch Originalaufnahmen eingspielt.
20. September 2016: Warum beteiligen sich „normale Menschen“ am Massenmord?
Vortrag, Podiumsgespräch und Diskussion mit dem Konfliktforscher Timothy Williams
Moderation: Cornelia Rühlig
Auf die Frage, warum sich ganz gewöhnliche Menschen einem totalitären Regime anschließen und selbst extreme Formen von Gewalt begehen, gibt es keine einfache Antwort.
Doch genau dies ist die Fragestellung, mit der sich Timothy Williams seit einigen Jahren intensiv beschäftigt. Warum waren viele Deutsche während des Zweiten Weltkrieges bereit und in der Lage, Erschießungen von jüdischen Zivilisten durchzuführen, in KZs zu arbeiten etc.?
Was führte in anderen Ländern dazu, dass auch dort stets viele Menschen einer breiten Bevölkerung bereit waren, Massenmorde zu begehen?
Auf der Grundlage einer differenzierten Kenntnis der neueren psychologischen, politikwissenschaftlichen und soziologischen Literatur zum Holocaust, dem Völkermord in Ruanda, sowie in Kambodscha und Armenien entwickelt Williams interessante Erklärungsmodelle, in denen ihre Motivationen benannt werden, sich freiwillig, unfreiwillig, überzeugt oder auch gezwungen an der Maschinerie der Massenmorde selbst zu beteiligen (sehen Sie ihn dazu im Video)
2015 führte Timothy Williams über sechs Monate hinweg zahlreiche Interviews mit früheren Angehörigen der Roten Khmer in Kambodscha durch.
Timothy Williams promoviert am Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg, ist dort zugleich wissenschaftlicher Mitarbeiter, publiziert u.a. in der Zeitschrift für Friedens– und Konfliktforschung und eröffnete im Mai d.J. im Frankfurter Goethe-Institut seine Ausstellung „Entering the Tigerzone – wie ganz normale Menschen zu Khmer Rouge wurden“. Seither wird sie in vielen Städten gezeigt. Wegen des großen Interesses an den Ausführungen von Tim Williams, holten wir diese eindrucksvolle Fotoausstellung bereits vier Wochen später ins Museum Mörfelden. Im Schluss an seine Führung entstand im Plenum eine lebhafte Diskussion über einzelne Aspekte seiner Arbeit.
Tim Williams ist zudem Geschäftsführender Direktor der Organisation Beyond Violence.