Übersicht über das gesamte Programm des Workshops mit Angaben zur Zusammensetzung der Gruppe
Unser erster gemeinsamer Tag: Włodawa mit Vortrag in der Synagoge, Museum, Stadtrundgang und Kino
1939 hatte diese Kleinstadt reichlich 8.000 Einwohner, über 70 % (d.h. 5.650) davon waren Jüdinnen und Juden (5.650 Personen). Heute lebt keine einzige jüdische Familie mehr in Włodawa. Um 1900 gehörten 177 der 184 Geschäfte Juden, ebenso eine Gerberei oder auch eine dampfgetriebene Mühle. Es gab mehrere Synagogen und jüdische Schulen, zudem zahlreiche jüdische Organisationen — so die sozialistisch-zionistische Poale Zion, den allgemeinen jüdischen Arbeiterbund (“Bund”) und ebenso einige traditionelle religiöse, orthodoxe Gruppierungen.
Dr. Marek Bem, Historiker und früherer Direktor des Museums Sobibór, erläuterte einiges zur Geschichte dieser Region und speziell zur sog. „Aktion Reinhardt“, d.h. der Tötung von über zwei Millionen Juden und 50.000 Roma im Generalgouvernement Polen zwischen Juli 1942 und Oktober 1943 in den drei Vernichtungslagern Belzec, Sobibór und Treblinka.
Anschließend besichtigen wir nebenan die von Paweł Antoni Fontana 1764–1774 erbaute barocke Große Synagoge mit dem auffälligen neobarocken Toraschrein von 1936 (restauriert 1983). An den beiden Längsseiten stehen nun Vitrinen, in denen rituelle Gegenstände der jüdischen Gemeinde gezeigt werden.
Am 18. September 1939 besetzten deutsche Soldaten Włodawa.
Auf Anordnung der Deutschen wurde im Oktober 1939 der „Judenrat“ gebildet; er musste z.B. bereits im Herbst 1939 innerhalb von 24 Stunden 50.000 Złoty von der jüdischen Bevölkerung einziehen und an die Wehrmacht abliefern. Im Frühjahr 1940 wurden jüdische Geschäfte von Włodawa enteignet oder unter besondere Verwaltung gestellt. Zahlreiche jüdische Familien, die in den Hauptstraßen wohnten und arbeiteten, mussten innerhalb kürzester Zeit ihre Häuser verlassen.
Zwischen dem 18. und 23 Mai 1942 wurde die erste große sog. „Aktion“ in Włodawa durchgeführt. 1.200 Juden, die nicht mehr in der Lage waren zu arbeiten, wurden von Deutschen und ukrainischen Hilfsmannschaften beim Kino zusammengetrieben und von dort aus zum Bahnhof gebracht und ins Vernichtungslager Sobibór deportiert, das u.a. von Juden aus Włodawa erbaut worden war. Viele weitere Deportationen nach Sobibór folgten – bis zum letzten Transport im April 1943.
Einzelne wagten es damals, sich in die umliegenden Wälder zu flüchten, sich den Partisanen anzuschließen, über den Fluss Bug in das nahegelegende sowjetische Gebiet zu flüchten oder sich bei polnischen Bauern in der Region zu verstecken.
Heute gibt es keine jüdische Gemeinde in Wlodawa. Die Große Synagoge ist nun eine Art Museum.
Nach einem Rundgang durch das heutige Zentrum von Włodawa und einem Blick über den Bug hinüber nach Weißrussland setzten wir am Nachmittag unser Programm im Kino fort, sahen nochmals zahlreiche Filmbeispiele, u.a. auch Ausschnitte aus dem Film Escape from Sobibor/Flucht aus Sobibor.
David Joon and Renée Mens from the Netherlands summarized the day:
“On the first day in Poland we went to an old synagogue and received a long speech by Dr. Marek Bem, a historian from the area. He talked about the Jewish population of Wlodawa, discussed how the holocaust could have happened and how we can prevent it in the future.
As well he talked about Sobibór and other death camps.
He showed us a few short films about Sobibór and the holocaust. Later that day, after having visited a church and a restaurant, we went to a cinema and watched a documentary about the Holocaust. It was good that we got all this information before we visited the two camps Majdanek and Sobibór.”
Die 15-jährige Madiha beschreibt noch am gleichen Abend die Irritation, die diese Stadt bei ihr auslöste :
„Wir haben den Tag in der Stadt Włodawa verbracht. Was ich mich aber frage, ist, warum dort so gut wie nichts los war. Es war mitten am Tag, das Wetter war schön, doch kaum eine Menschenseele zu sehen. Als dann am Abend auch noch die polnischen Mädchen erzählten, wie belebt die Stadt sei und wie viele Feste es gäbe, konnte ich es gar nicht fassen.
Vor allem nachdem wir das Kino verlassen hatten und uns auf den Weg zu den Bussen machten, bemerkte ich die Stille. Vielleicht war ich auch zu sehr bewegt von dem Film über Sobibór. Es war, als würde man nicht in den Alltag finden können.
Doch vielleicht lebt man nun nicht mehr wirklich in der Stadt. Włodawa war ja vor dem Krieg größtenteils von Juden bewohnt. Sie wurden alle weggebracht und deportiert. Wer mag schon dort wohnen, wo früher ganz unschuldige Menschen gewohnt haben, die dann ermordet worden sind? Für mich wäre es nicht möglich jeden Tag mit diesem Gedanken zu leben. So scheint dort wirklich die Zeit still zu stehen. Doch weshalb hat dann die Gruppe der polnischen Schülerinnen solche Bilder gezeigt? War ich zu sehr mitgenommen? Oder waren wir lediglich an einem falschen Tag da?”
Am Abend präsentierten die Jugendlichen jeweils ihr eigenes Heimatland:
Nach den Präsentationen konnten jeweils Fragen an die Referenten gestellt werden. Die niederländische Gruppe verteilte zudem anschließend an alle typisch holländische Leckereien. Ganz herzlichen Dank noch einmal! Der Abend klingt mit viel lebhaftem Geplaudere aus.
Um den Bericht von unserem zweiten Tag zu lesen — der Besuch der Gedenkstätte Majdanek und Lublin — klicken Sie hier: