International work and study camp 2005
Das erste „International work & study camp” in Mörfelden-Walldorf führten wir vom 6. bis 27. August 2005 für junge Erwachsene zw. 16 und 26 Jahren durch. Unser Thema war die Geschichte und Gegenwart rassistischer Traditionen in Deutschland sowie in den Ländern der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Angeboten wurden praktische, theoretische und künstlerische Arbeiten im Kontext der Gedenkstätte KZ Außenlager Walldorf.
Kurze Projektbeschreibung:
Junge Erwachsene der sog. “dritten Generation” (Enkel von Holocaustüberlebenden der KZ Außenstelle Walldorf und gleichaltrige Interessierte an der Thematik NS-Zeit/Geschichte des Antisemitismus) sollen im “international work & study camp” die Gelegenheit bekommen, drei Wochen gemeinsam zu leben, praktisch zu arbeiten, Vorträge zu hören, gemeinsam zu diskutieren und ihre Erfahrungen unter professioneller Anleitung auch künstlerisch zu verarbeiten. Die praktischen Arbeiten sind innerhalb des ehemaligen Geländes der KZ Außenstelle Walldorf geplant; es handelt sich dabei um den Ausbau einer bereits bestehenden Gedenkstätte. Rund um das Gelände der KZ Außenstelle ist ein sog. “historischer Lehrpfad”. Nun soll der Keller einer Lagerbaracke weiter freigelegt werden, in dem die ehemals dort inhaftierten ungarischen Jüdinnen 1944 geprügelt und z.T. bis zum Tode gefoltert wurden. Am Ende des dreiwöchigen Camps soll dieser Kellerraum als ein würdiger Ort des Gedenkens eingeweiht werden. Die Tochter einer der dort zu Tode geprügelten Frauen wird aus diesem Anlass zusammen mit ihrer Tochter aus Budapest anreisen.
Einen Tag pro Woche werden sich die Camp-Teilnehmer theoretisch mit Fragen zur Geschichte und Gegenwart von Rassismus und Antisemitismus beschäftigen. Diese theoretischen Arbeiten finden in Kooperation mit den entsprechenden Institutionen des Rhein-Main-Gebietes statt. Schwerpunkte dieser intellektuellen Arbeit werden Vorträge und Diskussionen über die jeweiligen Heimatländer der Teilnehmer sein. Aufgrund der Anmeldungen ist geplant:
- Geschichte und Gegenwart des Rassismus und Antisemitismus in osteuropäischen Ländern (Teilnehmer/innen des Camps kommen aus: Russland, Lettland, Ukraine)
- Geschichte und Gegenwart rassistischer und antisemitischer Entwicklungen in westeuropäischen Staaten (weitere Teilnehmer/innen des Camps kommen aus: Italien, Frankreich, Deutschland)
- Gegenwärtige Dialogprojekte, internationale Friedensarbeit etc…
Die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland ist natürlich durch die praktische Arbeit vor Ort eine Art “roter Faden” durch den Gesamtzeitraum des Camps.
In Nachmittagsstunden und abends haben die jungen Erwachsenen Gelegenheit unter professioneller Anleitung ihren Erfahrungen und Eindrücken eine eigene künstlerische Gestalt zu geben. Als Medium der Bewusstwerdung und der Verarbeitung legen wir auch auf diesen Prozess ausdrücklich wert.
Welche Ziele verfolgen wir mit diesem Camp?
Die jungen Erwachsenen sollen durch die gemeinsame Arbeit im Gelände einer ehemaligen KZ Außenstelle eine würdige Gedenkstätte für heutige und zukünftige Generationen schaffen. Die Arbeit soll untereinander dazu anregen, sich über Formen des Gedenkens in den verschiedenen Heimatländern zu unterhalten, ebenso provozieren solche Arbeiten oftmals untereinander Fragen nach der jeweils unterschiedlichen nationalen Tradition der Geschichte des Rassismus und Antisemitismus. Die Wissenschaftler werden ihre o.g. Themen sowohl mit Blick auf die Vergangenheit wie auch mit Blick auf aktuelle Fragestellungen behandeln. Kunstpädagogen werden den Seminarteilnehmer/innen Anleitung darin geben, diese neuen Erfahrungen zu verarbeiten und eine eigene, sehr persönliche Ausdrucksweisen dafür zu entwickeln. Der gesamte Prozess soll sowohl das Bewusstsein für rassistische Entwicklungen fördern als auch Mut machen, neue Perspektiven und selbst weitere Formen von Zivilcourage zu entwickeln.