Film: “Roma in Frankfurt”
Ein Film der Margit-Horváth-Stiftung; Laufzeit: 45 Min.
Gefördert durch die Mainova AG
Mitwirkende:
Maria Strauß, Jano Strauß, Janosch Kelz, Andra Marica, Leonas Constantin und seine beiden Kinder Anna Maria und Leonas, Anka Stefan, Elena Gunici, Elena Ispas, Riccardo Sahiti, Laura Schwappacher, Caroline Seidel, Ahmed Bourchada, Doruk can Erdas,
Joachim Brenner, Geschäftsleiter des Frankfurter Förderverein Roma e.V., Sabine Ernst, Leiterin der Kita für Roma-Kinder „Schaworalle“, Sonja Böttcher, Streetworkerin des Diakoniezentrum Weser5, Mihai Balan, Mitarbeiter des „Europäischen Verein für Wanderarbeiter“ und DGB sowie Dr. Andreas Illes, Arzt, Initiator der „Roma-Sprechstunde“.
Eine Rezension des Filmes in “Evangelisches Frankfurt — Nachrichten und Debatten”
Ein Beitrag von Silke Kirch vom 8. Mai 2014
Etwa die Hälfte aller Deutschen wollen keinen Sinti oder Roma zum Nachbarn haben, sagen soziologische Studien. Vier von fünf Roma haben Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Mit ihrem Dokumentarfilm „Roma in Frankfurt“ setzen Otto Schweitzer und Cornelia Rühlig andere Bilder dagegen.
Seit zwei bis drei Jahren wird das Diakoniezentrum Weser 5 mehr und mehr von Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien in Anspruch genommen. Sie schlafen häufig auf der Straße oder in Baracken stillgelegter Industriestätten mitten in der Stadt: ein Leben in Slums. Selten finden sie Arbeit und ernähren dennoch ihre Familien in der Heimat. Denn das wenige, das sie hier haben, sei immer noch mehr als das, was sie in Rumänien haben, sagen sie.
So sie sich überhaupt hörbar machen können, denn fast niemand versteht ihre Sprache: Romani. In Weser 5 treffen sie auf Sonja Böttcher, Sozialarbeiterin und selbst Roma, die nicht nur die Sprache verstehen und übersetzen kann. Sie ist die ideale Besetzung für die Aufgabe einer Integrationshelferin an einem der raren Orte in Frankfurt, an dem Begrüßung überhaupt stattfindet.
Das ist gut, denkt man beim Anschauen des Films, bis deutlich wird: Es ist eine halbe Stelle für drei Monate. Für mehr hat das vom Sozialdezernat der Stadt Frankfurt zur Verfügung gestellte Geld nicht gereicht. Kontaktaufnahme ist im Leistungskatalog nicht vorgesehen.
Auch von Seiten der Bundesregierung werde diesbezüglich kein Handlungsbedarf gesehen, kritisiert Joachim Brenner vom Förderverein Roma e.V. In der Politik gehe es lediglich darum, Drehschrauben zu finden, um „Armutszuwanderung“ und „Sozialmissbrauch“ in den Griff zu bekommen.
Phänomene, die in dem Film nicht vorkommen, denn dieser Film handelt einzig von Menschen. Er lässt ihnen die ganze Leinwand, den ganzen Bildraum, ihren Gesichtern, Gestalten, Geschichten.
Die Geschichten sind lang, sie reichen weit zurück in der Zeit, in das Internierungslager für Sinti und Roma in der Kruppstraße, in die Konzentrationslager des Nationalsozialismus und noch weiter. Und sind doch ganz nah und aktuell, es geht ja um die Großmütter und Mütter, Onkel, Tanten und andere Familienangehörige – heute vor allem um die Kinder in der Heimat.
Es sind Geschichten von Diskriminierung, Gewalt und Ausgrenzung, Geschichten, die leise und bruchstückhaft erzählt werden und kein Zentrum haben, weil die tiefste Erfahrung der Menschen, die sie erzählen, immer die Marginalisierung war und ist. Eine Marginalisierung, die wie eine Haut ihr Leben überspannt und manchmal vielleicht fast ein wenig wie ein Schutzmantel festgehalten wird.
So rückt der Film die Roma in seinen Mittelpunkt, jenseits aller Vorurteile und Denkgewohnheiten. Anders als sonst, wo sie in Frankfurt eigentlich immer nur am Rande vorkommen – wie ein Zuschauer in der anschließenden Podiumsdiskussion anmerkte – als die, die betteln, die stören, die laut feiern und an Autos basteln, von denen wir denken, dass sie sich die nicht leisten können. Die Klischees sitzen tief.
Der Film hingegen zeigt die Menschen, die sich immer alleine zu helfen wissen müssen, die einander fast hinter vorgehaltener Hand zuraunen, wo es einen Arzt gibt, der sie behandeln wird, oder einen Ort, an dem sie nach Arbeit, Kinderbetreuung oder Obdach fragen können, ohne befürchten zu müssen, dass jede Frage nur neue Ausgrenzung, Diskriminierung oder gar offene Gewalt zur Folge hat.
Es ist eine Stärke des Films, dass er die Klischees und Vorurteile nicht wegredet oder ausklammern will, gleichwohl er sie nicht ausdrücklich thematisiert. Auch das Publikum in den Kinosesseln ist davor nicht gefeit – wie die Frankfurter Integrationsdezernentin Nargess Eskandari-Grünberg in ihrem Grußwort betonte – also diejenigen, die ohnehin engagiert sind. Doch der Film zeigt, dass Vorurteile immer und überall existieren und wirken.
Doch nur so kann der gesellschaftliche Klimawandel anfangen: Mit Selbstbefragung, Nachdenken, Handeln.
Etwa die Hälfte aller Deutschen wollen keinen Sinti oder Roma zum Nachbarn haben, sagen soziologische Studien. 80 Prozent aller Roma haben Erfahrung mit Diskriminierung. Ausgrenzung ist ein schwarzer Schatten in unserem Bewusstsein. Der Film leuchtet ihn aus.
Roma in Frankfurt. Ein Film der Margit-Horváth-Stiftung; Laufzeit: 45 Min, Kontakt:info@margit-horvath.de. Der Film kann bei der Stiftung als DVD für zehn Euro erworben und als Unterrichtsmaterial im schulischen und außerschulischen Bereich verwendet werden.
Eine Rezension des Filmes vom Bretterblog
Ein Beitrag von Tim Rühlig
Wenn in Deutschland über Roma diskutiert wird, werden sie meist mit Verschmutzung, Arbeitslosigkeit und Sozialschmarotzertum in Verbindung gebracht. Auffällig dabei: Die Roma selbst kommen fast nie zu Wort. Anders in einem neuen Film, der am Sonntag, den 4. Mai 2014 in Frankfurt Premiere feierte – er gibt Frankfurter Roma eine vernehmbare Stimme.
Prolog
Leonas Constantin sitzt in den Räumlichkeiten des Roma-Fördervereins in Frankfurt. Neben ihm sind zwei seiner drei kleinen Kinder, die sein ganzer Stolz sind. Er erzählt von seinem Leben in Deutschland, von seiner Arbeitssuche und den Lebensbedingungen in Rumänien, denen er entflohen ist: Als Roma hat er in Rumänien kaum eine Chance auf Arbeit. Doch noch schlimmer für ihn ist, dass seine Kinder, die regelmäßige ärztliche Versorgung benötigen, diese nur gegen die Zahlung von Bestechungsgeld in Rumänien erhalten können. Auch der Schulbesuch war ihnen in Rumänien nicht möglich. So kam er nach Frankfurt.
Zunächst arbeitete er als Putzkraft mit einem Vertrag über wenige Monate, der eine Festanstellung bereits ausschloss. Die Putzflächen, die er zu reinigen hatte, überstiegen bei Weitem, was er hätte in der vereinbarten Dauer leisten können. So machte er notgedrungen unbezahlte Überstunden. Trotzdem wurde er bei der erstbesten Gelegenheit entlassen. Immer wieder versucht er seither Arbeit zu finden. Aber wenn man feststellte, welche Nationalität er hat, sagte man ihm: „Nein, du bist Zigeuner, für dich haben wir leider keine Arbeit.“ In gebrochenem, aber bestens verständlichem Deutsch sagt Leonas Constantin mit verzweifelt-vibrierender Stimme: „Ich habe Kinder. Ich liebe sie. In Deutschland muss ich arbeiten. Ich komm in Deutschland nix für… [Sozialleistungen] — muss für Arbeit. Darum bin ich nix krank. Leute gut für Arbeit. Muss Arbeit. Arbeit, Arbeit ist gut. Sitzen ist nix gut. Und ich keine Chance.“
Doch noch ergreifender als seine Worte, ist sein Gesichtsausdruck und seine Augen: In den ersten zitierten Sätzen spricht aus ihnen Verzweiflung, aber auch Energie. Vielleicht die Kraft der Verzweiflung. Doch wenn er sagt „Und ich keine Chance“, ergreift mich die Traurigkeit seiner Augen. Es ist zum Weinen.
Es ist dies einer der ergreifendsten und erschütterndsten Momente des neuen Dokumentarfilms „Roma in Frankfurt“, der im Kino „Mal seh’n“ feierte.
Der Film
„Roma in Frankfurt“ ist ein knapp 45-minütiger Dokumentarfilm, der keine „Fakten“ über „die Lebenssituation“ „der“ Roma in Deutschland zusammentragen will, sondern der den Roma, die in unserer Heimatstadt Frankfurt leben, zuhört, ihnen eine vernehmbare Stimme verleiht:
Da ist Maria Strauß. Aufgewachsen in der direkten Nachkriegszeit erinnert sie sich, wie sehr die Eltern, die die deutschen Konzentrationslager überlebt hatten, um das Wohl ihrer Tochter Maria fürchteten. Doch nicht nur das Trauma der KZs prägte das Leben: Denn die deutsche Mehrheitsgesellschaft, die noch wenige Jahre zuvor die Nazis an die Macht gewählt und die NSDAP und ihre Politik unterstützt oder zumindest geduldet hatte und damit die Verfolgung und Ermordung der europäischen Sinti und Roma verantwortete, wollte den „Zigeunern“, wie man die Sinti und Roma nannte, keine Wohnung und keine Arbeit geben. Es ist perfide. Aber in der Nachkriegszeit war ein häufiger Spruch: „Hol die Wäsche rein, Zigeuner sind in der der Stadt.“ Die Henker von damals warfen den Nachkommen ihrer Opfer „Unzivilisiertheit“ und „Kriminalität“ vor.
Dabei war gerade Frankfurt, so berichtet Joachim Brenner vom Roma Förderverein, ein „Vorreiter“ der Roma-Diskriminierung: Bereits Anfang der 1930er Jahre vor der sogenannten „Machtergreifung“ der Nazis hatte es an der Friedberger Landstraße ein Lager für Roma gegeben. Ende der 1930er Jahre kamen weitere in der Krupp– und in der Dieselstraße hinzu.
Bis heute ist in der breiten Bevölkerung kaum bekannt, dass die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma während der NS-Zeit dem Holocaust an den europäischen Juden vergleichbar ist. Bis heute gibt es massive Vorurteile. Viele Menschen sprechen weiterhin verächtlich von „Zigeunern“. Spricht man mit Maklern, so preisen sie gegenüber Vermietern nicht selten ihre Dienste mit folgendem Verweis: „Bei den Mietinteressenten wissen Sie ja gar nicht, ob es vielleicht Roma sind. Wir überprüfen das für Sie, damit Sie keine Roma in ihrer Wohnung sitzen haben.“ So erlebt zuletzt vor wenigen Monaten.
Deshalb erzählt Maria Strauß gemeinsam mit ihrer Schwester Ursula Rose in Schulen über das Leben ihrer Eltern und wie die erlittenen Traumata auch ihr Leben seither prägen. Dem Holocaust an den Sinti und Roma widmet auch der Komponist Roger Moreno Rathgeb ein „Requiem für Auschwitz“ unter Rückgriff auf traditionelle Roma-Musik, das vor einigen Monaten durch das Roma und Sinti Sinfonieorchester Frankfurt uraufgeführt wurde.
Geleitet wird das Roma und Sinti Sinfonieorchester von Ricardo Sahiti, der aus dem Kosovo stammt, und im Film „Roma in Frankfurt“ erzählt, wie er von der Musik fasziniert war und in Belgrad und Frankfurt Musik studierte. Die Musik war seine Chance – er nutzte sie. Auch solche Geschichten schreibt das Leben von Roma in Frankfurt. Dabei geht es Sahiti auch um die Pflege des kulturellen Erbes der Roma, einem Anliegen, dem sich auch Jano Strauß, der Enkel von Maria Strauß, verpflichtet fühlt. Er ist in Frankfurt geboren und aufgewachsen, liebt diese Stadt und fühlt sich als deutscher Rom, der die Roma-Kultur erhalten will.
Wie schwierig aber ein „normales“ Leben als Rom in Frankfurt ist, beschreibt sein Freund Janosch Kelz, der davon träumte Fußballprofi zu werden, bis seine Karriere durch Verletzungen endete bevor sie richtig begonnen hatte. Seinen Mannschaftskameraden vom FSV Frankfurt erzählte er dabei lieber nicht, dass er Rom ist, zu sehr fürchtete er Ausgrenzungen und Diskriminierungen, die er alltäglich erlebt: „Wenn ich bei Galeria Kaufhof oder REWE einkaufen möchte, kommt oft ein Kaufhausdetektiv hinter mir her,“ erzählt er um nach einer kurzen Pause anzufügen: „Finde ich traurig, dass die kein Vertrauen haben in die Menschen, die haben ja Videokameras. Das reicht doch. Da müssen sie nicht noch andere Personen hinterher schicken zum Kontrollieren.“
Dabei staunt man, wenn Janosch erzählt, wie er in Ungarn nicht zur Schule gehen konnte, stets zu Hause mit Schulbüchern lernte und welche Motivation er dabei verspürte. Ähnlich ging es Andra Marica, die in Deutschland geboren wurde und der deshalb in Rumänien der Kindergarten– und Schulbesuch verwehrt blieb. Doch sie wollte eines Tages einen Beruf erlernen. Also brachte auch sie sich autodidaktisch Lesen und Schreiben bei. Seit zwei Jahren ist sie in Deutschland, spricht fließend Deutsch, hat einen Schulabschluss gemacht und mehrere Praktika hinter sich. „Jetzt will ich einen guten Job haben und alles richtig machen“, erzählt sie mit einem Lächeln im Gesicht.
Dies sind sicherlich zwei positive Geschichten. Ihre Bildungsabschlüssen hätten Janosch und Andra dabei niemals ohne die Hilfe des Roma Fördervereins von Joachim Brenner und der vom Verein betriebenen und staatlich anerkannten Schule, der „Schaworalle“, die von Sabine Ernst geleitet wird, machen können. Beide, Brenner und Ernst, arbeiten seit Jahren unermüdlich und bis zur Erschöpfung um die Lebensbedingungen der Frankfurter Roma zu verbessern. Bewundernswert ist nicht nur ihr Einsatz, sondern auch, wie vielen Menschen sie haben helfen können auf eigenen Beinen zu stehen und sich eine Existenz aufzubauen. Dabei ist Bildung freilich nur der erste Schritt. Eine Anstellung selbst mit einer Ausbildung zu bekommen, ist für Roma immer noch wesentlich schwieriger.
Geschafft hatte dies Sonja Böttcher. Sie war ein anerkannter und sozial integrierter Bestandteil eines Betriebs – eine Tatsache, die man sich bei einer Frau mit einer solch positiven Ausstrahlung auch kaum anders vorstellen kann. Doch alles änderte sich an dem Tag, als ihre Familie auftauchte und mit ihr Romanes, die Sprache der Roma, sprach. Von einem Tag auf den anderen sprachen die Kollegen nur noch das Nötigste mit ihr, die Spinde waren geschlossen, die Geldbörsen verschwanden von den Tischen. Seit Monaten kannten sie Sonja Böttcher als Kollegin. Aber einer Roma wollten oder konnten sie nicht vertrauen. Angesichts solcher Biographien kann es kaum verwundern, wenn Sabine Ernst im Film erzählt, dass die meisten Roma-Kinder auf einen Beruf in der Selbstständigkeit hoffen. Wer sollte von einer Mehrheitsgesellschaft abhängen wollen, die geprägt ist von Diskriminierungen und Vorteilen?!
Heute ist Sonja Böttcher Sozialarbeiterin im Diakoniezentrum „Weser 5“. Dort unterstützt sie Obdachlose, wie Elena Gunici und ihre Freundin Elena Ispas. Auf Frankfurts Einkaufsstraße „Zeil“ betteln sie, verdienen manchmal nur wenige Euro pro Tag, manchmal 15–20 Euro. Den Löwenteil dieses Geldes schicken sie zu ihren Familien nach Rumänien, denn – so erzählen beide – in Rumänien könnten sie als Roma ohne Ausbildung niemals so viel Geld an einem Tag verdienen. Und obwohl Elena Ispas wegen ihrer Kinder in Deutschland ist, fragen diese sie regelmäßig, wann sie wieder nach Hause kommt. Als sie das erzählt, sieht man ihr das schlechte Gewissen und ihre Selbstvorwürfe an. So wie Elena Ispas geht es vielen Frauen. Längst ist die mit der Arbeitsmigration verbundene Trennung von Familien zu einem gravierenden europäischen Problem geworden — dem Integrationsprozess zum trotz.
Elena Gunici kam einst mit ihren Kindern nach Frankfurt. Doch sie mussten zurück nach Rumänien, denn die staatlichen Behörden drohten ihr, die Kinder wegzunehmen, da sie keine feste Anschrift vorweisen konnte.
So geht es vielen: Zwar verfügt Frankfurt über Notunterkünfte zum Beispiel im Ostpark. Diese kann man nur beziehen, wenn man „anspruchsberechtigt“ ist; dies sind vor allem Kranke, Alte und Kinder. Doch nach wenigen Monaten müssen die Bewohner die Notunterkünfte wieder verlassen und leben meist erneut auf der Straße. Joachim Brenner fasst zusammen: „Dann gibt es diesen Teufelskreis, der sieht so aus: Wenn die Familie wieder aus der Notunterkunft auf der Straße ist, wird seitens des Jugend– und Sozialamtes zu der Familie gesagt: Passt auf, das Wohl des Kindes ist nicht gewährleistet, denn du hast keine Unterkunft mehr. Entweder wirst du Abhilfe schaffen, indem du ausreist zurück nach Rumänien oder Bulgarien oder wir sehen uns genötigt die Kinder wegzunehmen.“
So kommt es, dass Menschen wie Elena Gunici und Elena Ispas Geld für ihre Kinder in der fernen rumänischen Heimat erbetteln. Dankbar sind sie für die Hilfen, die ihnen und vielen anderen Roma in Frankfurt angeboten werden durch Institutionen wie das Diakoniezentrum „Weser 5“, den Roma-Förderverein, die „Schaworalle“ aber auch Freiwillige, wie den Arzt Dr. Andreas Illes, der jede Woche ehrenamtlich eine Sprechstunde für nicht-versicherte Patienten anbietet. Hinzu kommt der Kampf des Deutschen Gewerkschaftsbundes gegen die Ausbeutung der Arbeitsmigranten. Besonders hervor tut sich hier Mihai Balan, dessen Arbeit jüngst eine ausführliche Würdigung in der Presse erfuhr. Aber all das lindert nur die größte Not.
Epilog
All dies sind Ausschnitte aus einigen Biographien, die der Dokumentarfilm „Roma in Frankfurt“ zeigt. Es sind bewegende Geschichten, beeindruckende Menschen und erschreckende Verhältnisse, die mit der öffentlichen Diskussion um Sozialschmarotzer, Arbeitsverweigerer und Kriminalität nichts zu tun haben. Einmal mehr merkt man: Nicht über Roma müssen wir sprechen, sondern mit ihnen.
Im Film fasst dies Ahmed Bourchada, Schüler einer Schule nahe Frankfurt, so zusammen: „Normalerweise hat jede Kultur ihre Vorurteile und man weiß eigentlich auch, dass diese Vorurteile nicht stimmen. Bei den Sinti und Roma kennt man nur die Vorurteile, wir kennen gar nicht die wahre Seite.“
Einen kleinen Schritt, um dieser Situation Abhilfe zu verschaffen, will der Film „Roma in Frankfurt“ leisten. Zurück bleibt der sehnliche Wunsch, dass auch die Protagonistinnen und Protagonisten des Films davon profitieren werden: dass Jano Strauß, Janosch Kelz und Andra Marica nicht vergebliche Hoffnung in ihren Schulabschluss gesetzt haben. Dass Elena Gunici und Elena Ispas dereinst mit ihren Kindern gemeinsam sicher in Frankfurt leben können. Und dass Leonas Constantin Arbeit bekommt um sich und seinen Kindern ein würdiges Leben aus eigener Kraft ermöglichen kann. Dann werden auch seine traurigen Augen wieder strahlen können.
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Siehe auch den Beitrag in “Die Welt”.