Bernhard Brehl prägte über drei Jahrzehnte als Bürgermeister von Mörfelden-Walldorf (1976 — 2007) das Leben dieser Stadt: Ein Mensch mit einem hohen Gerechtigkeitssinn — bezogen auf die Gegenwart und auf die Geschichte. Ein Mensch mit der Fähigkeit respektvoll und präzise zuzuhören, dem Willen zu helfen und zudem der Kreativität, immer wieder neue Lösungen zu finden, die er stets auch noch verwaltungstechnisch korrekt zu verankern wusste. Ein Mensch, der es sich nicht leicht machte im Leben, einer, der seine Grundwerte kannte und sehr beharrlich seine Ziele verfolgte, so auch im Hinblick auf die Aufarbeitung der NS-Zeit. Ohne sein Engagement und ohne seine politische Rückendeckung hätte die Margit-Horváth-Stiftung und das Horváth-Zentrum nicht entstehen können.
Sein Interesse an einer soliden Aufarbeitung der NS-Vergangenheit begann schon früh …
Bürgermeister Brehl gehörte Anfang der 1980er Jahre unter seinen hessischen Amtskollegen zu den ersten, die eine umfangreiche Aufarbeitung der lokalen Geschichte des Antisemitismus förmlich vorantrieben. Was ihm eine Selbstverständlichkeit war, empfand manch eine*r damals auch als Zumutung. In zahllosen öffentlichen Statements, Veranstaltungen und schriftlichen Begründungen für Magistrat und Stadtverordnetenversammlung versuchte Brehl immer wieder inhaltlich zu überzeugen und setzte sich schließlich durch. Literatur zum Thema erschien, Veranstaltungen zum Thema “Alltag unter dem Nationalsozialismus” wurden häufig durchgeführt; der Kontakt zu den Familien der ehemaligen Mörfelder*innen ist bis heute lebendig.
Die Einweihung des Historischen Lehrpfades beim Gelände der KZ-Außenstelle Walldorf im Beisein von Überlebenden
1944 waren in der KZ-Außenstelle Walldorf 1.700 junge ungarische Jüdinnen inhaftiert. Sie wurden von Auschwitz-Birkenau nach Walldorf deportiert, um für den Frankfurter Flughafen, der damals unter militärischer Hoheit stand, Rollbahnen zu bauen. Nach jahrelangen Recherchen war es gelungen eine Einladung an die Überlebenden auszusprechen — gemeinsam mit der Stadt Frankfurt und der Fraport AG. Bernhard Brehl engagierte sich zudem immer wieder, auch mit der Baufirma Ed. Züblin Kontakt aufzunehmen, für die die Mädchen und Frauen damals gearbeitet hatten. Öffentlich erschüttert zeigte er sich über das Verhalten dieser Firma, bei der es weder Raum für eine Entschuldigung noch für eine Entschädigung gab.
Die Gründung der Margit-Horváth-Stiftung im Juli 2004
Mit Gründung der Margit-Horváth-Stiftung war für Bernhard Brehl ein wichtiges Ziel erreicht. Aufgabe der Stiftung sollte es sein, für junge Menschen Projekte zur Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart zu entwickeln. Das entsprach ihm durch und durch. Wie oft hatte er sich schon in den vergangenen Jahren als Bürgermeister für pädagogische Projekte in Schule, Jugendzentren und freier Trägerschaft eingesetzt!
Es war der Wunsch von Margit Horváth, die die Stiftungsgründung durch die Überlassung ihres sog. “Entschädigungsgeldes” angeregt hatte, dass man sich bei der Projektarbeit mit den jungen Menschen nicht ausschließlich auf Fragen des Antisemitismus konzentriere, sondern grundsätzlich Fragen der Diskriminierung von Minderheiten behandele. “Damals waren wir es, die Juden, die zum Sündenbock gemacht wurden. Aber wer weiß, wer es das nächste Mal sein wird. Wir müssen vorbereitet sein,” sagte Margit Horváth und sprach damit zugleich Bernhard Brehl aus dem Herzen. Gerne übernahm er daher auch den Kuratoriumsvorsitz für die folgenden 13 Jahren und prägte so die Stiftungsarbeit in ihrer entscheidenden Phase.
Die Eröffnung des Horváth-Zentrums — eine Gedenk– und Bildungsstätte
Dieses Gebäude entstand 32 Jahre, nachdem sich Bernhard Brehl erstmals vehement für die Aufarbeitung der Geschichte des Antisemitismus in Mörfelden-Walldorf engagiert hatte. Mit der Einladung der ehemaligen jüdischen Mitbürger*innen von Mörfelden und der Einweihung eines Gedenksteines am ehemaligen Standort der Synagoge hatte er 1984 begonnen, im Herbst 2016 lud er zur Eröffnung des Horváth-Zentrums, eine Gedenk– und Bildungsstätte für die Jugend, ein.
Bernhard Brehl ist uns ein Vorbild in seiner Zielstrebigkeit, seiner Beharrlichkeit, in seinen Grundwerten, seiner stets sozialen Handlungsorientierung und seinem kontinuierlichen Engagement für die Jugend. Wir haben ihm unendlich viel zu verdanken. Unvergessen wird er bleiben und fortleben in all dem, was er geschaffen hat und wofür er persönlich stand. Eine persönlich ausgesprochen bescheidene und außergewöhnliche Persönlichkeit, bescheiden aber nie in dem, was er erreichen und durchsetzen wollte. Danke, dass wir so vieles gemeinsam erleben, initiieren und realisieren konnten!
Bürgerinnen und Bürger, Weggefährten, Kollegen und Freunde danken Bernhard Brehl in einem gemeinsam unterzeichneten Nachruf. Abgedruckt wurde dieser am 30. Juli 2020 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Frankfurter Rundschau, dem Groß-Gerauer Echo und Freitags– Anzeiger.